Anfang März 2021 wurde für den Kunst-am-Bau-Wettbewerb um die Gebrüder-Ullrich-Realschule plus in Maikammer, Rheinland-Pfalz, ein Vorschlag für ein Kunstobjekt im Außenbereich vorgeschlagen. Unter dem Titel „Hommage an die Gebrüder Ullrich“ wurde die Erfindung des Federgelenks thematisiert.
Kunst am (Schul-)Bau wird für diejenigen gemacht, die die Schule besuchen: die Lehrenden und vor allem die Lernenden. Sie alle haben einen Anspruch darauf, dass die Kunst ihnen und ihrem Schulalltag einen Mehrwert gibt. Sie wollen und sie sollen stolz sein auf ihre Heimatgemeinde, auf ihre Schule und auf ihre Schulgemeinschaft. Stolz sein heißt vor allem, sich identifizieren – ein Wir-Gefühl entwickeln.
Die Gebrüder-Ullrich-Realschule plus trägt einen Namen, der nirgendwo auf der Welt die gleiche Berechtigung hat wie in Maikammer, und der wahrscheinlich auch nirgendwo auf der Welt vorkommt. Das heißt für die Menschen hier: Unsere Schule ist einmalig – Wir sind einmalig.
Der Stolz der Schülerinnen und Schüler ist begründet durch eine Erfindung. Diese Erfindung wird seit mehr als 100 Jahren weltweit angewandt und ist durch alle technologischen Fortschritte hindurch bis heute nicht überflüssig geworden. Die Erfindung ist zudem so einfach und so praktisch, dass die Lernenden sie leicht verstehen und zur handwerklich-technischen Ausrichtung ihrer Schule in Beziehung setzen. Kurz: Diese Erfindung passt zu dieser Schule. Genau hier ist der Ort, wo man auf die Erfindung des Drehgelenks bei Zollstöcken stolz sein darf. Stolz ist das eine. Ansporn ist das andere. Jugendliche brauchen Vorbilder.
In diesem Sinn setzt ein plastisches Objekt aus zwei Zollstöcken ein Zeichen. Wir-Gefühl, Identifikation, Stolz und das Streben nach Vorbildern sind zwar ohnehin vorhanden, aber sie bekommen eine Grundlage, einen „Anker“ in der Vorstellung und damit eine Verstärkung durch ein sichtbares Zeichen.
Das Zeichen wird von den Schülerinnen und Schülern in Besitz genommen. Es macht die Schule noch mehr zu IHRER Schule. Denn nur hier ist dieses Zeichen sinnvoll. Anderswo nicht. Man kann es ihnen nicht nehmen und an andere Orte übertragen. (Ein einmaliges Requisit für originelle Klassenfotos.)
Zur Zeichenfunktion kommt noch ein weiteres: Die Kunstvermittlung. Für die Lernenden an dieser Schule mit ihrem handwerklich-technischen Schwerpunkt bildet die Kunst ein Gegengewicht und dient der Horizonterweiterung. Die Jugendlichen erfahren durch das Kunstobjekt, dass man ihnen nicht nur die Abbildung eines vertrauten Gegenstandes bietet, sondern dass aus dieser Abbildung mehr entsteht: ein „Bild“. Sie lernen, dass die Form des bekannten Zollstocks eine ästhetische Dimension hat, und dass es sich lohnt, diese Form immer wieder neu zu betrachten. Aus jedem Blickwinkel erscheint sie anders und ist dadurch lebendig. Sie lernen schließlich, dass ein Alltagsgegenstand in seiner formalen Substanz auch schön sein und Freude machen kann.
Dafür wird das Kunstobjekt gemacht. Zwei überdimensionale Zollstöcke (10-fache Größe) verschränken sich so miteinander, dass das gestalterische Potential hinsichtlich Dynamik, Spannung und Konsistenz genutzt wird. Die klassische Zollstockfarbe Gelb wird in zwei unterschiedlichen Nuancen auf die beiden Zollstöcke aufgebracht.