In der Endrunde des Kunst-am-Bau-Wettbewerbs für die Einfriedung des Auguste-Victoria-Gymnasiums in Trier wurde eine Weiterentwicklung des Konzepts aus der Vorrunde erarbeitet. Dabei wurden die Farbskalen an den Zaunpfosten asymmetrisch aufgebaut.
im Ausschnitt
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Ansicht
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Farbskalen
an den Zaunpfosten
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Das Kunstkonzept stützt sich auf die materielle Gegebenheit der Umzäunung und reichert sie lediglich durch ein Farbgeschehen an. Dieses Farbgeschehen umfasst den Zaun als Ganzes und erstreckt sich ohne Schwerpunkte, also hierarchiefrei, über die gesamte Länge.
Das Farbgeschehen liefert Antworten auf den individuellen Ort:
Antwort auf die Bedeutung des schulischen Lernens:
Erkennen beruht auf differenzierendem Denken. Erkenntnisse werden möglich durch Unterscheidung. In diesem Sinn liefert das Kunstkonzept Unterscheidungsangebote. Zwei senkrechte Farbskalen, die parallel verlaufen, zeigen an ihrer Basis Farbtöne die identisch, also nicht unterscheidbar sind. Im weiteren Verlauf bewegen sich die Skalen in verschiedene Farbrichtungen. Die Kontraste nehmen damit zu. Aus der Ununterscheidbarkeit wächst die Unterscheidbarkeit. Auf diese Weise wird die Fähigkeit zu unterscheiden in der Entwicklung dargestellt. Es wird sinnfällig vor Augen geführt, dass der Gewinn von Erkenntnissen einem Prozess unterliegt. Dieser Prozess kann die gesamte Schulzeit umfassen. Die Farbskalen wiederholen sich in der Abfolge des Zaunes. Sie werden in einem Abstand angebracht, bei dem der geringfügige Farbunterschied nicht sofort erkennbar ist. Erst in der Gesamtschau erschließt sich die abgestufte Farbigkeit. Daraus lässt sich das Fazit ziehen: Erst aus der Distanz, erst im großen Überblick lassen sich Zusammenhänge erkennen.
Antwort auf die UNESCO-Projektschule und das interkulturelle Lernen:
Die UNESCO-Projektschule in Trier positioniert sich international und interkulturell. Somit ist Vielfalt zugleich Botschaft und Programm der Schule. Vielfalt heißt nicht Beliebigkeit, auch nicht Chaos, sondern lebendige Kontingenz. Vielfalt lebt von der Regel gegenseitiger Anerkennung und damit vom Konsens. In diesem Sinn wird Vielfalt umgesetzt als das geregelte System einer Farbbewegung. Dabei sind Lebendigkeit, Offenheit, Freiheit ebenso impliziert wie eine sinnhaltige in sich schlüssige Logik. Die Logik der Farbbewegung besteht im kontinuierlichen Farbkreis. Sie bildet somit eine zyklische Bewegung ohne Anfang und ohne Ende. Jeweils versetzt von Pfosten zu Pfosten erscheint die Farbskala in sukzessiven Ausschnitten.
Antwort auf die Tradition der örtlichen Schuleinrichtung:
Das Auguste-Viktoria-Gymnasium ist eine Schule mit einer Tradition, die sich über Jahrhunderte entwickelt hat. Daraus bezieht die Einrichtung einen wesentlichen Teil ihrer Identität. Schülerinnen und Schüler gehören zur großen Familie all ihrer Vorgänger, mit denen sie die prozesshafte Dynamik eines Bildungsganges gemeinsam haben. Es besteht eine Analogie zwischen Wachstum und Entwicklung der historischen Einrichtung sowie Wachstum und Entwicklung des individuellen Bildungsganges. Wachstum und Entwicklung sind daher ein Motiv des Kunstkonzepts in Gestalt vertikal sich aufbauender Farbflächen, Indem dieses Motiv der Entwicklung asymmetrisch angelegt ist, ergibt sich eine Nähe zu organischem, zum Beispiel pflanzlichem Wachstum und damit eine Verstärkung des Lebendigen.
Antwort auf den Aspekt der Integration und Verbindung:
Der Zaun zieht eine Grenze, die deutlich markiert, die aber zugleich optisch durchlässig ist. Der Schulbereich wird nicht abgeschottet, sondern den Blicken von außen offen gelegt. Diese Offenheit des Zaunes wird durch das Kunstkonzept voll und ganz erhalten. Allein der vorhandene Zaun ist der Farbträger – ohne plastische Hinzufügung, die den Blick behindern könnte. Damit wird der Zaun zu einer Schnittstelle. Er vermittelt durch das Farbgeschehen seine Botschaft nach innen und nach außen. Nach innen an die Adresse der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrerinnen und Lehrer, nach außen an die Adresse der Ankommenden sowie der neutralen Passanten. Integration und Verbindung werden dadurch realisiert, dass Innenseite und Außenseite des Zaunes austauschbar sind.
Antwort auf die Verbindung zwischen Denkmalgeschichte und schulischer Nutzung:
Vergangenheit und Gegenwart treffen im Schulgeschehen zusammen. Sie ergänzen sich, indem das Gestern das Heute befruchtet. Der denkmalgeschützte Bau ist ein Komplex historischer Formen. Diese Formen werden dadurch respektiert, dass ihnen keine neuen, schon gar keine zeitgeistigen Formen entgegengesetzt werden. Vielmehr wird das Denkmal beantwortet durch ein anderes Medium, durch die Farbe. Dem Materiellen des Baukörpers steht das Immaterielle der Farbe gegenüber. Farbe ist zeitlos. So zeitlos wie das Streben und Erkennen der Schülerinnen und Schüler. Farbe ist Leben und damit ein Äquivalent für das Leben, an dem alle in der Schule Anteil haben. Der Aspekt des Lebens bringt Denkmalgeschichte und Schulgegenwart zur Deckung. Die Farbe drückt es aus.